40 Jahre Hainburg – Biodiversität, Klimaschutz, Energiewende und Natur endlich zusammendenken

Die Pressekonferenz im Cafe Landtmann: 40 Jahre nach dem Kampf in der Stopfenreuther Au. Foto: © Klaus Pahlich

In der Pressekonferenz am 21. November 2024 im Cafe Landtmann erinnerten einige ehemalige MitstreiterInnen, die vor 40 Jahren maßgeblich an der Verhinderung des Donaukraftwerks bei Hainburg mitgewirkt hatten, dass noch viel zu tun ist, um die Umwelt und auch die Ernährungssicherheit in Österreich zu sichern.

Günter Schobesberger, jener Mann, der nicht nur die Demonstration vor 40 Jahren ganz legal angemeldet hat, sondern auch mit eigenem Geld die frierenden Umweltschützer mit 800 Schlafsäcken und Decken vor dem Erfrieren gerettet hat, forderte bei der Pressekonferenz, dass auch heute noch viele Böden vor dem Verbau gerettet werden müsse:

Der grün umrandete Teil soll mit einer Schule und einem Kindergarten überbaut werden, ist jedoch ein ehemaliger jüdischer Friedhof

Schobesberger erzählt von dem jüdischen Friedhof, der unter einem Exerzierplatz im Kasernenareal bei Hainburg gefunden worden ist. Ein Gemeinderatsbeschluss von 2006 hatten sich alle Fraktionen darauf geeinigt, dass der Exerzierplatz nicht verbaut werden dürfe. Im Juni 2024 beschloss der Gemeinderat jedoch, dass auf diesem Platz eine Schule und ein Kindergarten gebaut werden sollen. Entscheiden muss es jetzt die niederösterreichische Landesregierung, was bis jetzt noch nicht geschehen ist.

Günter Schobesberger zeigt eine sehr unglückliche Umwidmung über einem Friedhof in Hainburg auf! Foto: © Klaus Pahlich

Die Geschichte dazu: Juden ziehen ostwärts längs des Wasserwegs der Donau und im 14. Jahrhundert halten manche in Hainburg. Die Stadt ist in guter Verfassung, hat Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Der richtige Ort für Juden mit ihrer Wirtschaftstradition, der Kenntnis des Geldwesens und ihrer Erfahrung in Handelsfragen. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag für das Aufblühen der Stadt und vermehren nicht nur den eigenen, sondern auch den allgemeinen Wohlstand. Die Judengemeinde baut ein Bethaus, oder, wie es meist genannt wird, eine Schul, und richtet auch einige der rituell notwendigen Tauchbäder ein. Sie heißen hier nicht Mikwe sondern Tucken, etymologisch von Tauchen. Und selbstverständlich legt die israelitische Gemeinde außerhalb der Stadt ihren Friedhof für die Ewigkeit an. Für das Grundstück dazu muss sie deshalb einen bedeutenden Betrag entrichten.

Nach den Verbrechen der Shoah ist Österreich verpflichtet, sich verantwortungsvoll und achtend gegenüber der jüdischen Religion zu zeigen. Es geht darum, endlich eine ernsthafte archäologische Grabung im Gebiet des Judenfriedhofs, wie auf dem Franziszeischen Kataster klar zu sehen ist, durchzuführen. Es ist möglich, „dass durchaus auch weitere archäologische Strukturen, die aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften [in den Messungen vom April 2015] nicht erfasst werden können, im Untergrund vorhanden sein können“. Es fehlt an Respekt und Achtsamkeit gegenüber der jüdischen Religion. Das Ewigkeitsrecht für den Friedhof ist „für die jüdische Religion heilig. Jeder Eingriff in das Erdreich, welches für die Gebeine unserer dort begrabenen Vorahnen eine Bedrohung darstellt, wird von den Gesetzen unseres jüdischen Kodex strikte verboten“, schrieb Dr. Berysz Rosenberg.

Es geht darum, zu wissen, was und wie viel man heute noch findet, um zumindest einen würdigen, frei zugänglichen und nicht versiegelten Gedenkplatz an der gefundenen Stelle zu errichten.

Gerhard Heilingbrunner fordert in den nächsten 15 Jahren 6 bis 7 neue Nationalparke für Österreich. Foto: © Klaus Pahlich

Gerhard Heilingbrunner, Stopfenreuth-Aktivist und Ehrenpräsident des Umweltdachverbandes, fordert die sich jetzt bildende neue Bundesregierung auf, dass sie sich dem Natur- und Umweltschutz widmen muss. Sechs bis sieben Nationalparke sollen in den nächsten 10 bis 15 Jahren errichtet werden, zum Schutz unserer bedrohten Naturlandschaften und in Umsetzung der EU-Green-Deal-Richtlinie: Ein Nationalpark Inner-Österreich, der ein Zusammenschluss der bestehenden Nationalparke Kalkalpen und Gesäuse und eine Erweiterung um weitere 40.000 Hektar mit Sensen- und Totes Gebirge, ein Nationalpark Kalkhochalpen, NP Böhmerwald und NP Lechtal in Tirol. Für diese Nationalparkoffensive muss die Bundesregierung zusätzlich rund 100 Millionen Euro in weitere Schutzgebiete investieren. Heiligbrunner fordert die neue Regierung auf, die Umsetzung der Renaturierung in Österreich aktiv und rasch anzugehen und in Zusammenarbeit mit den Bundesländern unsere Böden, Gewässer, Feuchtgebiete und Moore umfassend renaturiert und unter Schutz stellt.

Doris Holler-Bruckner weist auf die Mitmachkonferenz am Freitag, den 29.11.2024 in Hainburg hin. Foto:© Klaus Pahlich

Doris Holler-Bruckner, Hainburg-Aktivistin und Umweltjournalistin, die sich mit Energiewendethemen befasst, kritisiert den österreichischen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP): „Statt wirksame und ambitionierte Maßnahmen zu setzen, gab es in der Regierungskoalition ein beispielloses Tauziehen mit der Peinlichkeit des Zurückziehens des fertigen Plans durch die Europastaatssekretärin Edtstadler, ein neues Verschicken eines aufgeweichten Plans, der von der EU-Kommission postwendend zurückgeschickt wurde. Österreich hat als EU-Mitglied hier eine Verpflichtung und sollte nicht länger versuchen, vor seiner Verantwortung davonzulaufen!“

Professor Bernd Lötsch geht auf die Eintiefung der Donau nach dem Kraftwerkbau in der Freudenau ein. Foto: © Klaus Pahlich

Hainburg-Ikone Bernd Lötsch spannt einen Bogen vom „Wunder von Hainburg 1984“, zur Renaturierung jetzt: „Das bedeutet auch, dass Ökosysteme wieder funktionsfähiger und resilienter gemacht und deren Wasserversorgung verbessert werden müssen. Die Donauauen leiden seit Jahrzehnten unter Eintiefung und den staustufenbedingten Feinsedimentproblemen und es ist ein Gebot der Stunde, die niedrigen und mittleren Wasserspiegellagen wieder anzuheben und zu sanieren. Durch die Stadt Wien wird die zum Überleben dringend benötigten Wasserinfusionen für die untere Lobau, fortgesetzt verweigert. Tatsache ist, dass zwischen Passau und Hainburg das selbe Arbeitsvermögen der Donau herrscht, wie von Hainburg bis zum Schwarzen Meer. Also war es attraktiv bis und bei Hainburg Donaukraftwerke zu bauen.

Wolfgang Rehm, der Mitbegründer von VIRUS. Foto: © Klaus Pahlich

Der ehemalige Aubesetzer und Experte mit 40 Jahren Erfahrung im Umweltschutz und Mitbegründer, der aus der Hainburg-Bewegung entwickelten Umweltorganisation VIRUS, ist überzeugt, dass es Energieraumplanung braucht. Rücksichtslose Naturzerstörung ist auch im Rahmen einer falsch verstandenen Energie- und Klimawende weder geboten, noch rechtfertigbar.

Die ProponentInnen sind sich einig: „Wir haben noch gemeinsam mit Freda Meissner-Blau die Erklärung auf den Weg gebracht. Vieles wurde erreicht, genauso aber viele nötige Schritte nicht gesetzt. Auch wenn es länger dauert als erhofft, haben wir gezeigt, dass wir die Herausforderungen annehmen und dranbleiben!“

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