8. Dezember 1984 und der lange Weg zum Nationalpark Donau-March-Thaya-Auen

Kampf um den Nationalpark Donauauen

Barrikade in der Stopfenreuther Au, Dezember 1984_Foto: © Klaus Pahlich

Mitte Juli wurde ich, nach meinem Rücktritt von Greenpeace, von Othmar Karas, dem damaligen Bundesobmann der Jungen ÖVP, in den Bundesjugendring einberufen. Eine meiner ersten Aufträge war, die Besetzung der Hainburger Au zu begleiten und (O-Ton Othmar Karas) mich „vor die Bagger zu werfen“.

Jörg Mauthe, Journalist und bekannter Autor in der Au Dezember 1984_Foto: © Klaus Pahlich

Zusammen mit Jörg Mauthe, der sich ebenfalls an vorderster Front an den Sternmärschen beteiligte, warf ich mich sozusagen, wann immer meine Zeit es erlaubte (schließlich hatte ich einen anstrengenden Beruf mit teilweisen Doppelschichten, den ich natürlich nicht aufgeben konnte, da ich für die Umweltsprecher-Tätigkeit kein Geld bekam, vor die Bagger! Ziel war, in Österreich möglichst viele erhaltenswerte Flächen in Nationalparks umzuwandeln und ein Donau-March-Thaya-Nationalpark versprach in das Konzept der ökosozialen Marktwirtschaft des ÖVP-Vizekanzlers Riegler gut hineinzupassen.

Eine Barrikade in der Au Dezember 1984, bewacht von meinem Hund Asterix._Foto: © Klaus Pahlich

Das ÖH-Alternativreferat verkündete verschiedene Punkte, die mir sehr bald zugetragen wurden:

Die naturschutzrechtliche Genehmigung des Kraftwerks Hainburg ist ein eindeutiger Gesetzesbruch, der von den Politikern gedeckt wird. Wir wollen mit gewaltfreiem Widerstand die Auwälder östlich von Wien vor der Zerstörung retten und dem Recht in Osterreich wieder Geltung verschaffen! Wir fordern:

Lagerbau in der Au im Dezember 1984 _Foto: © Klaus Pahlich

* Aufhebung des widerrechtlich erfolgten Naturschutzbescheides

* Einleitung einer Untersuchung gegen Landesrat Brezovsky

* Schaffung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses und Einschaltung der Höchstgerichte

Wir wissen nicht genau, wann die Rodungsarbeiten beginnen, es kann jeden Tag so weit sein. Organisierte, unabhängige Gruppen, können ab Montag in die Hainburger Au fahren. Die Gruppen sollen bereits in Wien organisiert werden und während der Besetzung ständig zusammenbleiben.

Lager in Stopfenreuth, Dezember 1984_Foto: © Klaus Pahlich

Folgende Dinge sollen, wenn möglich mitgebracht werden:  Warme Kleidung, Gummistiefel, Regenschutz; Wanderausrüstung, Zelte, Schlafsäcke, Biwaksäcke, ev. Decken, Proviant für mehrere Tage, wenn möglich ein eigenes Transportmittel.

Allgemein: am Hauptplatz in Stopfenreuth steht ein Bus.

Asterix hilft beim Barrikadenbau in der Stopfenreuther Au, Dezember 1984 _Foto: © Klaus Pahlich

Anlaufstelle mit allen Infos über Unterkunft, Situation an den Rodungsstellen, Nottelefonnummer, etc. für Gruppen ohne privates Transportmittel, Treffpunkt ist U-Bahnstation Kagran. Von dort geht ein Linienbus nach Stopfenreuth.Zusätzlich werden alle PKWs mit freien Plätzen über U-Bahn-Station Kagran fahren und andere Personen mitnehmen. Die folgenden Telefonnummern sind natürlich heute nicht mehr gültig:

Kontakt für Mitfahrgelegenheiten im Konrad-Lorenz-Volksbegehren (Tel_435938)

Weitere Kontaktstellen: WWF (Tel_269320), ÖH-Alternativreferat (Tel_346518/23}

42% DER ÖSTERREICHER HALTEN EINEN GEWALTFREIEN WIDERSTAND ZUR RETTUNG DER AUWÄLDER FÜR GERECHTFERTIGT!  ! !

Ein Lager in der Au 1984 _Foto: © Klaus Pahlich

Es war also alles bestens durchorganisiert, um eine wirklich große Anzahl an Menschen nach Hainburg und vor allem an den Ort des Geschehens, in Stopfenreuth, zu bringen.

Die in der Stopfenreuther Au versammelten Umweltaktivisten erklären die Au symbolisch zu einem Teil des zu gründenden Nationalparks Donau-March-Thaya-Auen.

Barrikade Volksabstimmung, Dezember 1984 _Foto: © Klaus Pahlich

02.01.1985: Der Verwaltungsgerichtshof gibt einer Beschwerde von drei Bauern aus Stopfenreuth sowie des WWF auf Aufschiebung der Rodungsarbeiten mit der Begründung statt, dass für die noch ausständigen Enteignungs-und Entschädigungsverfahren ein entsprechender Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft fehle.

4.01.1985: Die Bundesregierung beschließt ein „11-Punkte-Programm“ (Erneuerung des Bekenntnisses zum Ausbau der Wasserkraft und zur Errichtung des Donaukraftwerks Hainburg, Errichtung eines Nationalparks, Bestellung eines Regierungsbeauftragten, etc.) und verkündet eine einjährige „Nachdenkpause“.

Der Friedensschluss im Martinschlössl zwischen Kanzler Fred Sinowatz und Nobelpreisträger Konrad Lorenz am 12. Jänner 1985_Foto: © Archiv Chorherrenstift Klosterneuburg

12.01.1985: Im Martinschlössl in Klosterneuburg kommt es zum so genannten „Friedensschluss“ zwischen Bundeskanzler Fred Sinowatz und Nobelpreisträger Konrad Lorenz. Zu diesem Zeitpunkt hat der Großteil der Aubesetzer die Au bereits verlassen. Die Aufräumarbeiten des Besetzungsgebietes ziehen sich noch bis Ende Jänner 1985 hin.

11.03.1985: Unterzeichnungsphase des Konrad-Lorenz-Volksbegehrens gegen den Kraftwerksbau und für die Errichtung eines Nationalparks; Ergebnis: 353.906 Unterschriften. 09.04. –05.11.1985: Die Bundesregierung setzt eine Ökologiekommission ein, die aus drei Arbeitskreisen besteht: Energie und Umwelt (Leiter: Peter Weiser), Donaugestaltung (Leiter: Jörn Kaniak), Nationalpark (Leiter: Bernd Lötsch). Die Ökologiekommission kann zu Beginn ihrer Arbeit schon auf erste Diskussionsergebnisse des Arbeitskreises „Nationalpark Donau-March-Thaya-Auen“ zurückgreifen, der sich im Rahmen des neuentstandenen „Forum Österreichischer Wissenschaftler für Umweltschutz“ gebildet hatte. Zuvor schon hatte das Auen-Büro des WWF wesentliche Punkte der wissenschaftlichen Argumentation gegen den Kraftwerksbau erarbeitet und im Oktober 1984 ein Nationalpark-Symposium veranstaltet. Das erste zusammenfassende Gutachten über „nationalparkwürdige Gebiete in der Länder Region Ost“ war 1982/83 im Auftrag der „Planungsgemeinschaft Ost“ erstellt worden. Die Ökologiekommission kommt zum Ergebnis: Die Erhaltung der Au hat gegenüber anderen Interessen Vorrang, die frei fließende Donau von Wien bis zur Marchmündung ist zu erhalten und das Konzept eines Nationalparks unverzüglich umzusetzen.

Mai 1985:  Der mit dem Konrad-Lorenz-Volksbegehren initiierte Gesetzesantrag wird dem Nationalrat zugeleitet. Ein Beschluss des beantragten Gesetzes erfolgt nicht.

Juni   1985:   Die   Österreichische   Donaukraftwerke AG präsentiert als Ersatz für das offensichtlich nicht realisierbare Kraftwerk Hainburg die Pläne für eine Staustufe Wien.

1985: Günther Nenning wird wegen „parteiwidrigen Verhaltens“ aus der SPÖ ausgeschlossen.

Ein Beitrag von Prof.Dr.jur. Manfried Welan, einem der „Bunten Vögel“von Erhard Busek

Manfried Welan 1985 _Foto: © Michaela Seidler, Die Presse

10 Jahre nach den Geschehnissen rund um den Nationalpark schreibt er dazu in der Furche:

(ZITAT) In der Gegend des Schillerplatzes in Wien sieht man an Häuserwänden noch ein „Auweh!“. Das Spray ist verblaßt. Auch die Erinnerung. Und doch war Hainburg einer der Schnitt- und Wendepunkte der österreichischen Geschichte. Zwentendorf ist dadurch mit Hainburg verbunden, daß das Ergebnis der Volksabstimmung vom 5. November 1978, mit der die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes abgelehnt wurde, die E-Wirtschaft zum Ausbau der Wasserkräfte führte. Auch der bürgerliche Protest gegen Großprojekte verbindet die Fälle.

1983 waren die Einreichungspläne der DoKW (Donaukraftwerke) für das Kraftwerksprojekt fertiggestellt. Wegen der Nationalratswahl am 24. April 1983 erfolgten aber keine Anträge. Die WWF-Kampagne „Rettet die Auen“ begann national und international gegen das Projekt zu operieren. Nach der Regierungserklärung vom 31. Mai 1983 war aber die Errichtung eines Donau-kraftwerkes östlich von Wien wesentliches Programm der kleinen Koalition Sinowatz-Steger. Im Sommer 1983 begann die Kronen-Zeitung ihre große Aktivität gegen das Donaukraftwerk. Bald darauf gründeten zwanzig Umweltschutzgruppen die „Aktionsgemeinschaft gegen das Kraftwerk Hainburg“. Am 16. Oktober fand die niederösterreichische Landtagswahl statt. Die Akti-onsgemeinschaft überreichte dem wiedergewählten Landeshauptmann Ludwig im November eine Resolution gegen das Kraftwerk.

In der Zwischenzeit war das Anhörungsverfahren für die Erklärung zum bevorzugten Wasserbau begonnen worden; die Anträge der DoKW auf wasserrechtliche beziehungsweise naturschutzrechtliche Bewilligung erfolgten Ende November, Anfang Dezember. Die Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet, die Bevorzugungserklärung erfolgte am 22. Dezember 1983.

Die Bürger- und Medienkampagnen gegen das Kraftwerkprojekt hielten das erste Halbjahr 1984 an. Anfang Mai begann das „Konrad- Lorenz-Volksbegehren“ gegen den Kraftwerksbau mit der „Pressekonferenz der Tiere“. Mitte Mai kam es zur Demonstration von Arbeitnehmern auf dem Wiener Heldenplatz für die Errichtung des Kraftwerks, Ende Mai zum Treffen der Kraftwerksgegner in der Burg von Hainburg und zum „Schwur von Hainburg“.

Die Naturschutzbehörden erster Instanz untersagten das Projekt, die DoKW beriefen dagegen.

Im Sommer 1984 kam es zur Präsentation der „Plattform gegen Hainburg“ und zur Ankündigung der Besetzung der Au im Rahmen gesetzlicher Möglichkeiten. Im September 1984 trafen sich die Promotoren des Volksbegehrens und kündigten einen friedlichen Widerstand an. Der Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens bei der Hauptwahlbehörde erfolgte am 27. November 1984. Am seihen Tag beschloß der Nationalrat das „Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz“ mit der Staatszielbestimmung.

GEWALTLOSE DEMONSTRANTEN

In dieser Zeit erging der Bewilligungsbescheid der Naturschutzbehörde zweiter Instanz. Bald darauf wurden die Bewilligungsbescheide der Wasserrechtsbehörde erlassen. Dagegen wurden Beschwerden bei den Höchstgerichten eingebracht.

Als Protest gegen die naturschutzrechtliche Bewilligung wurden am 27. November 1984 im niederösterreichischen Landtag der Stiegenaufgang und das Vorzimmer zum Büro des Landeshauptmanns friedlich besetzt.

In der Folge wurde in der Stopfenreuther Au die Kraftwerksbaustelle eingerichtet. Diese Au sowie die umliegenden Ortschaften wurden zu Zentren des Protestes. Verordnungen der Bezirkshauptmannschaften Bruck an der Leitha und Gänserndorf untersagten am 6. Dezember 1984 den unbefugten Aufenthalt auf der Baustelle.

Trotzdem bauten nach dem veranstaltungspolizeilich angemeldeten Sternmarsch der „Vereinigten Initiative zur Rettung der Donau- March-Auen“ am 8. Dezember 1984 rund 300 Demonstranten ihre Zelte im Gebiet auf. Die Kundgebung „Adventfeier am 8. Dezember 1984“ fand mit 8.000 Teilnehmern außer halb des Sperrgebietes statt.

Am 10. Dezember 1984 mußten die im Auftrag der DoKW begonnenen Rodungsarbeiten eingestellt werden, da gewaltlos demonstrierende Aubesetzer durch die Ausführung dieser Arbeiten am Leben und der Gesundheit gefährdet worden wären. Die Bundesregierung ermächtigte den Innenminister zum Einsatz der erforderlichen Exekutivorgane, um die Rodungs- und Einrichtungsarbeiten der Baustelle zu ermöglichen.

Am 11. Dezember waren rund 1.000 Besetzer in der Au, am 12. Dezember wurde die Errichtung von fünf Lagern im Demonstrationsgebiet abgeschlossen.

Am 17. Dezember forderte eine Betriebsrätekonferenz der bauausführenden Firmen den baldigen Baubeginn. Eine vom „Aktionskomitee für den Kraftwerksbau“ geplante Demonstration wird auf Anraten der Bundesregierung abgesagt, um Kollisionen mit den Aubesetzern zu vermeiden. Unter Einsatz der Exekutive wurde versucht, die Rodungsarbeiten fortzusetzen.

Verordnungen der genannten Bezirkshauptmannschaften vom 18. Dezember 1984 untersagten das Betreten und den Aufenthalt von unbefugten Personen in der Stopfen- reuther Au ab 19. Dezember 1984. An diesem Tag befanden sich etwa 4.000 bis 5.000 Auschützer im Gebiet. Auf einem von Demonstranten nicht besetzten Areal wurden bis zirka 13.30 Uhr rund vier Hektar Auwald geschlägert. Demonstranten stürmten zu der Rodungsstelle und trafen auf den Sperrkordon der Sicherheitsorgane. Es gab Verletzte auf beiden Seiten.

Am 21. Dezember 1984 setzte die Bundesregierung die Weiterführung der Rodungsarbeiten bis Anfang 1985 aus. Am 29. Dezember verzichtete sie auf weitere Arbeiten. Am 4. Jänner 1985 beschloß sie ein „Elf- Punkte-Programm“ (darin unter anderem Erneuerungen des Bekenntnisses zum Ausbau der Wasserkräfte und zur Errichtung des Donaukraftwerks Hainburg; Errichtung eines Nationalparks, Bestellung eines Regierungsbeauftragten) und verkündete eine einjährige „Nachdenkpause“.

Anfang 1985 kam es im Martinsschlößl in Klosterneuburg zum „Friedensschluß“ zwischen Bundeskanzler Sinowatz und Nobelpreisträger Lorenz. Der Großteil der Aubesetzer hatte die Au verlassen, Aufräumungsarbeiten zogen sich bis Ende Jänner hin. In der Zwischenzeit wurden eine Reihe von Verfahren beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof durchgeführt. Schließlich hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1986 den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid auf. 335.306 Stimmbürger Unterstützen das Konrad-Lorenz-Volksbegehren in der Woche vom 4. bis 11. März 1985. Der initiierte Gesetzesantrag wurde im Mai 1985 dem Nationalrat zugeleitet. Ein Beschluß in Bezug auf das beantragte Gesetz erfolgte nicht. Im April 1985 bestellte die Bundesregierung die Ökologiekommission, die in drei Arbeitskreisen („Energie und Umwelt“, „Nationalpark“, „Donauraumgestaltung“) tagte. Die Schlußberichte wurden im November 1985 vorgelegt.

Im Wahljahr 1986 und im anschließenden ersten Regierungsjahr der Großen Koalition wurden Donaukraftwerksvarianten diskutiert. Es kam aber zu keiner Entscheidung über den weiteren Donauausbau östlich von Wien. Die „Nachdenkpause“ dauert lang.(Zitat Ende)

Professor Bernd Lötsch – Foto: © Klaus Pahlich

Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Bernd Lötsch

DAS WUNDER VON HAINBURG – Zeitzeugen Analyse für den  Österreichischen Naturschutzbund – 40 Jahre danach von Bernd Lötsch, damals Leiter des Instituts für Umweltwissenschaften und Naturschutz (Abtlg. Wien) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Kooperation mit dem Österr. Naturschutzbund, seit 1972 im Auenschutz engagiert, 1984 mit allen Institutsmitgliedern(PeterWeish, R.Stifter, G.Geissler, H.Momen)und freien Mitarbeitern (K.Momen, G.Navara, R.Golebiowski, W.Gamerith, R.Gayl u.a.)in der Besetzung bzw. zwischen Au und Parlament, ab Feb.1985 in der Ökologiekommission der Regierung für die Donau östl. von Wien(Leiter des Arbeitskreises Nationalpark, ab 1987 Vorsitzender des Plenums), 1986-91 Präsident der Nationalparkplanung Donau-Auen dort Auftraggeber der ersten Wasserbaustudien gegen die Sohlerosion stromabwärts von Donaustaustufen. Initiator von „Natur freikaufen“(1990) zur definitiven Erzwingung des Auen-Nationalparks.

Der Österreichische Naturschutzbund war als traditionsreichste, in allen Bundesländern mit Landsgruppen vertretene Umweltorganisation vielfältig im Auenschutz engagiert – so 1972 in der Rettung der Lobau vor der Erweiterung des Öltank-Lagers und einer geplanten Donau-Ufer-Autobahn, aber auch durch Persönlichkeiten wie den unten erwähnten Hofrat Dr. Erich Czwiertnia, der es 1984 als Leiter der NÖ Naturschutzabteilung wagte, seinem politischen Vorgesetzten LR Brezovszky öffentlich zu widersprechen und unter Androhung eines Disziplinarverfahrens pensioniert wurde. Er schwieg auch dann nicht und erhielt das Disziplinarverfahren als Pensionist. Dr.Czwiertnia wirkte Jahrzehnte als Präsident des NÖNB und Vize Präsident des Bundes ÖNB.

Großer Dank gebührt dem damals in Österreich noch recht jungen WWF. Dessen  tatkräftige Hilfe kam zunächst aus der Schweiz, als der österreichische WWF mit Präsident Mauthner Markhof als Industrieller noch zögerte, gegen das Großkraftwerk aufzutreten. So  finanzierte der Schweizer WWF-Chef Roland Wiederkehr das kleine aber wirksame  Büro „Rettet die Auen“in Wien (K.Wagner, G.Navara u.a.).Das Schweizer Engagement reichte bis über die eskalierende Aubesetzung hinaus. Legendär ist das nächtliche Auftauchen von Roland Wiederkehr in der, von Polizei mit Hundstaffeln umstelten eiskalten Au, um mit uns das Zelt zu teilen. Ausgerechnet jetzt, im dreckigsten  Moment schlage er sich zu uns durch?- als Schweizer? fragten wir ihn fassungslos.

„Gerade als Schweizer“ sagte er selbstironisch“, ich muß doch sehen, ob das Geldgut investiert war!“ Noch ein Schweizer ist nicht wegzudenken: Roberto Epple,dessen  bewegende Videodokumentation(mit Hilfe von Karim Momen) der Dramatik von Hainburg authentisch und stimmig ein Denkmal setzte, welches in ungezählten Veranstalt- ungen als ermutigende Botschaft weiterwirkte und noch immer wirkt. (Video f. Schulen)

Frage1: Was konnte ein, im Detail geplantes und ausfinanziertes Milliardenprojekt noch stoppen?

1)“Das ÜBERRASCHUNGSMOMENT(auch für uns selbst!) Wir glaubten uns in der Minderheit, wollten vor der (Welt-)Öffentlichkeit nur ein Zeichen setzen, daß hier Recht gebrochen wird. An diesem Montag 10.12.1984, Rodungsbeginn, waren wir nur ein paar Hundert, ineinander verschränkt, um den winterlichen Wasserwald mit unseren Körpern gegen die Baumaschinen zu decken, ganz vorne die prominente Auen-Ökologin Elfrune Wendelberger – das offizielle Österreich hatte sie drei Jahre zuvor mit dem Staatspreis geehrt. Jetzt erlebte sie den Staat von einer anderen Seite. Wir wurden schließlich „geräumt“, sahen zähneknirschend einige Bäume stürzen, mit ihnen auch den Glauben an die Demokratie, ich gab im Dunkeln Herrn Adrowitzer (Ö1)noch ein erbittertes Interview aus der Au („..heute fielen mehr als ein paar Bäume . .der Glaube an die Demokratie!“) – doch war dies kein Ende sondern der Anfang: Am nächsten Tag kamen Tausende….

2)das Prinzip GEWALTFREIHEIT: Umweltaktivist Günther Schobesberger hatte diese psychologische Verhaltenstechnik beim Gandhi Gefährten Bahuguna gelernt. Sie hielt -auch durch die Verschmelzung von Umwelt-und Friedensbewegung- JEDENFALLS  AUF SEITEN DER AUBESETZER – und vor allem auch unter den Appellen des tiefbesorgten Aggressionsforschers Konrad Lorenz, die wir täglich von Lager zu Lager trugen:

„Wenn man dich auf eine Wange schlägt, so halte noch die andere hin“ zitierte er die Bibel, doch mit dem Zusatz „nicht daß man dich schlage, sondern daß man dich NICHT schlage “ denn der Ethologe weiß um die Macht scheinbar submissiver Befriedungsgestik. Schon am ersten Tag erlebten wir den Mut der Gewaltfreiheit – als sich der Starjournalist und Gewerkschafter Dr.Dr.Günther Nenning und die Grande Dame der Umweltbewegung Freda Meissner-Blau völlig ungeschützt dicht vor Arbeiter mit kreischende Motorsägen stellten, Mädchen sich an Bäume und Bagger klammerten und Burschen bereit waren, sich in die Kronen gekettet, mit den Auwaldriesen fällen zu lassen.

Es gab auf unserer Seite keinen einzigen Schlagstock aber Tausend(e) Wolldecken zum Ausharren. Günther Schobesberger hatte in weiser Voraussicht (aus eigenen Mitteln einer kleinen Erbschaft ) 700 dicke Wolldecken gekauft, einige folgten seinem Beispiel . . . Freilich setzt dies auf eine Demokratie, die unter dem Druck der Medien die Menschenrechte respektiert. Unsere stärksten Stützen waren hier RadioÖ1 und die „Krone“ Hans Dichands mit dem unvergessenen Friedrich Graupe – natürlich auch die Umweltverbände und die Ö.H.(Österreichische Hochschülerschaft unter Herbert Rainer und Gerhard Heilingbrunner, die z.B. die Busse von den Unis in die Au organisierten) Es gab unten sogar Lehrveranstaltungen z.B. der BoKu . . .

Japanische Reporter von NHK gratulierten vor Ort  mit den Worten, sie bewunderten Österreich, in Japan hätte es Tote gegeben . . .

3) DIREKTE GESPRÄCHE – ich erinnere mich an insgesamt 13 Stunden Verhandlungen mit der Regierung – das zermürbende Ringen, meist im nächtlichen Parlament, die Angst der Mächtigen vor Gesichtsverlust – zwischen Verhärtung, menschlichen Momenten, wiederholtem Auspendeln der Spitzenpolitiker in Nebenräume (zu Verbund-, DoKw-, Industrie- und Gewerkschaftsspitzen, wie wir bald herausfanden) und ihre versteinerten Gesichter bei Rückkehr an den Verhandlungstisch, dazu fallweise hereinplatzende Katastrophengerüchte aus der polizeiumstellten Au. Wir erreichten vier Tage „Waffen“Stillstand, Zeit für das österreichische „Wunder“einer spontanen Selbstorganisation: Decken ( Günther Schobesberger hatte – wie schon erwähnt- auf eigene Kosten schon Hunderte Wolldecken gekauft, dazu besorgte man Zelte, Strohballen, baute Erdhäuser, sorgte für Mülltrennung (damals noch nicht einmal in den Gemeinden verwirklicht), Feldlatrinen, Funkzentrale (mit eingeschleustem StaPoSpitzel, wie man später herausfand), Taschenlampen, Winterkleidung und Verpflegung aus ganz Österreich . . .

4) MEDIAL UNGESCHICKTE  KRAFTWERKSBETREIBER voll provokanter Überheblichkeit: So kanzelte LR Brezovszky den ihm unterstellten Naturschutzleiter in der NÖ Landesregierung Dr.Czwiertnia vor laufenden Kameras ab, sein Widerspruch gegen die Kraftwerks Genehmigung möge Privatmeinung sein, aber rechtlich sei sie völlig irrelevant -und die friedliche Massenbewegung wurde von Regierung, Gewerkschaftern, Industriellen und E- Werkern als Rechtsbruch gewaltbereiter Chaoten und Berufsdemonstrierer, als Arbeitsplatzvernichtung durch Studierende auf Steuerkosten diffamiert. Dagegen stand eine Leitgestalt wie Konrad LORENZ,  Nobelpreisträger und „Umweltgewissen der Nation“(der schon gegen das AKW Zwentendorf den Ausschlag gegeben haben dürfte), der sich als „Kind der Greifensteiner Auen“ bekannte, die soeben durch eine Großbaustelle vom Typ des geplanten „Hainburg“ vor seinen Augen zerstört würden. Die DoKW Parolen von der angeblichen „Rettung der Fluß Au durch Stau“ fegte er souverän weg. „Man kann nichts retten indem man es zerstört“.

Ihm zur Seite standen(gegen alle Maßregelungen durch Partei und damalige ÖGB Granden) „Österreichs spitzeste Edelfeder“, Starjournalist(„Rothirsch“) DDr Günther Nenning und die Grande Dame der wachsenden Umweltbewegung Freda Meissner-Blau, bald aber auch eine eindrucksvolle Armada aus Wissenschaft, Kunst und Kultur – von PeterTurrini („Rotbauchunke“) über Jörg Mauthe („Schwazstorch“) bis Andre Heller, Arik Brauer samt Gitarre, Toni Stricker mit Geige, Friedensreich Hundertwasser (der seinen Staatspreis öffentlich zerriß und sich  dann mit seinem Schlafsack wieder in die vereiste Au legte oder anhand Geländekarten mit Peter Weish die Lage besprach), im Nebenzelt biwakierte Burgschauspieler Miguel Herz-Kestranek ( ein Name in dem die Sonne nicht untergehe,) wie Jörg Mauthe geistvoll scherzte .  .

Schon Monate vorher (Mai 84)war sogar der hoffnungsvollste Politnachwuchs zur legendären „Pressekonferenz der Tiere“in der Concordia erschienen, so „Kormoran“ Othmar Karas, „Eisvogel“ Herbert Rainer und sein ÖH Kollege Gerhard Heilingbrunner, die Jungsozialisten Michael Häupl, Alfred Gusenbauer und Josef Cap. (lch gab mein Purpur Reiher-Federkleid an Toni Wagner und gab als „einziger Mensch u. Ökologe“ meine Stimme der „sterbenden Kreatur“, denn „Bäume sterben stehend und Tiere sterben stumm“. . . . Prominente Auslandsösterreicher wie der Dramatiker Fritz Hochwälder und Literatur-Nobelpreisträger 1981, Elias Canetti, appellierten an den Bundespräsidenten.

5) DAS UNRECHT der Kraftwerks-Betreiber und der Weg der Naturschützer vor die Höchstgerichte.

Die Baugenehmigung für das KW Hainburg brach sowohl Landes- wie auch Bundes Gesetze: In einem NÖ „Landschafts-Schutzgebiet“ wie den Auen östlich Wiens, in dem sogar Fischerhütten und Badestege wegen Unzumutbarkeit für das Landschaftsbild behördlich zu entfernen wären, ein Großprojekt zu genehmigen – mit sieben Quadratkilometern direkten Auwaldverlustes, einem Querbauwerk von 500m, Stauspiegelanhebung in die Höhe der höchsten Baumkronen und Verödung der Flußlandschaft durch ein linealisches Dammkorsett in Höhe viergeschoßiger Häuser, welches sich auslaufend bis fast unterhalb Wiens erstrecken sollte, durch den höchsten politischen Vertreter des Naturschutzes in NÖ, LR Brezovszky, unter Hinwegsetzung über alle – kritischen – Gutachten, und das in „Letzter Instanz“ also nicht mehr beeinspruchbar, war ein Schlag ins Gesicht aller Wissenden. Formalrechtlich gab es hier keine Chance mehr, aber wie der Politiker seine Sache vertrat, machte ihn zu einem Traumgegner, wie wir ihn heute,im Zeitalter der telegenen, von Coaches trainierten, stets lächelnden, aalglatten Profis nie mehr bekommen. Meinungsforscher fanden, jedesmal wenn er im TV den Mund aufmache, gewänne die Hainburg Bewegung einige zehntausend Sympathisanten mehr. (Von der Brüskierung des Internationalen „Ramsar-Abkommens zum Schutz der Feuchtgebiete“, dem die Republik gerade mit den Donau-Auen erst kurz zuvor beigetreten war, ganz zu schweigen). Die Duldung des großtechnischen Gewaltaktes versuchte Brezovszky mit der unverzichtbaren „Volkswirtschaftlichen Bedeutung“ des Stauwerkes zu begründen, sie rechtfertige die Ausnahme. Nun – eine solche „nationalökonomische Ausnahme Klausel“ gibt es in manchen Gesetzen sogar – NICHT jedoch in der NÖ Landschaftsschutz Verordnung! – mit gutem Grund , denn wovor müssen Gesetze ein- und letztmalige Beispielslandschaften sonst schützen, wenn nicht vor WIRTSCHAFTLICHEN Übergriffen?! (Das KW Hainburg wäre das größte in der Staukette der Donau geworden, mit rund 5% des damaligen österr. Stromverbrauchs, bzw. 1% des Gesamt-Energieverbrauchs, im Sommer etwas mehr, im Winter deutlich weniger, jedenfalls nicht der Nabel unserer Energieversorgung – dieser bestünde nicht in derart destruktiven Kraftwerksbauten, sondern im intelligenteren Einsatz vorhandener Energieströme – das wußten die ökologischen Vordenker schon damals, diese Erkenntnis hat es heute immerhin auf die Ebene politischer Lippenbekenntnisse geschafft, aber noch kaum mehr . .)

Der andere schwere Rechtsbruch betraf das Wasserrechts-Gesetz. Fachleute wußten längst, daß die Amputation der Au vom Fluß durch dichte Dämme mit stählernen „Spundwänden“ bis tief in den Grundwasserhorizont zum Verlust der Trinkwasserqualität führen würde. Die intakten Donauauen sind der beste Trinkwasserspeicher des Tieflandes (ohne Nitrat- und Pesticid-Probleme, wie sie hingegen im Grundwasser unter den angrenzenden Intensiv Agrargebieten herrschen). Es stand hier die Reserve für 800.000 Einwohner auf dem Spiel. Am 5.Dezember 1984, fünf Tage vor Rodungsbeginn und der Aubesetzung hatte Landwirtschafts-Minister Haiden die wasserrechtliche Bewilligung erteilt, am 21.12., drei Tage vor dem Hl. Abend, brachten die Anwälte des WWF beim Verwaltungs-Gerichtshof Beschwerde gegen diese Mißachtung des Wasserrechts-Gesetzes ein – und bereits am 2. Jänner 1985(!) verfügten die Höchstrichter die „aufschiebende Wirkung“ – das hieß: vorläufiger Baustopp! (Und im Juli 1986 hoben sie den Wasserrechts-Bescheid völlig auf, da die Betreiber diese schweren Mängel im Genehmigungsverfahren nicht sanieren d.h. die Umwelteinwände nicht entkräften konnten).

Eine in den Augen mancher Politiker und Industrieller bis heute als chaotisch, anarchisch und illegal geltende Massenbewegung (die mit ein paar hundert steifnackigen Widerständlern begann) hat nicht „den Rechtstaat ausgehebelt“sondern vielmehr dem Rechtstaat erst zum Durchbruch verholfen! (RA. Dr. Wille i.A. d. WWF)

Das Stauwerk wurde – streng juridisch betrachtet – nicht durch die Aubesetzer selbst verhindert sondern durch das Wasser-Recht. Die Aubesetzung hat nur den nötigen Rodungsaufschub erreicht um dem Höchstgericht die Zeit für sein entscheidendes „Erkenntnis“ zu ermöglichen (Ob – im Falle einer bereits komplett flach gelegten Au die Höchstrichter ebenso unglaublich rasch und eindeutig geurteilt hätten, werden wir allerdings nie erfahren).

Frage 2: Welche Lehren kann der Naturschutz aus den damaligen Erfahrungen ziehen?

Die Antworten zusammenfassend und noch einige mehr:

1)  DAS ÜBERRASCHUNGSMOMENT sogar für uns selbst – jedenfalls in so großer Zahl, Beharrlichkeit und heiterer Entschlossenheit – mit oft köstlichem Improvisationstalent wie Spruchbänder „ Die Politiker wollen unser bestes – aber wir geben es ihnen nicht . . . .!“

2) GEWALTFREIHEIT – der einzige Widerstand mit dem man sich nicht ins Unrecht setzen kann. Es gibt nichts Explosiveres als ein aufgebrachter Mob. Außerdem warteten die Ordnungskräfte nur darauf, daß einer den ersten Stein werfe. Auf die Bekämpfung von Kriminellen und Staatsfeinden geschult, standen sie vor der „Blüte unserer Jugend“(von 18 bis 80)welche die rot-weiß-rote Flagge entrollte und die Bundeshymne sang. Unsere größte Sorge war es, wir könnten „Gewaltbereite“ in unseren Reihen übersehen. Verdächtige mit überschüssigen Kräften wurden im Barrikadenbau eingesetzt – die“ gingen abends am Zahnfleisch“…

3) DIREKTE GESPRÄCHE – in Zukunft möglichst unter einer von beiden Seiten anerkannten integren Persönlichkeit – dies mindert die lähmende Angst vor „Gesichtsverlust“. Die persönliche Kenntnis des Gegners und seiner Zwänge ist überdies ungemein „aggressionsdämpfend“.

4) LEITGESTALTEN für das Anliegen – wie es im Falle des AKW Zwentendorf und Hainburgs z.B. Konrad Lorenz für viele Österreicher war, sodaß für das bereits Anfang 1984 angestrebte Volksbegehren gegen das Stauwerk alle Initiatoren – von Günther Nenning, G. Heilingbrunner, Jörg Mauthe, Freda Meissner-Blau und Medienprofis sich übereinstimmend Konrad Lorenz als Namensgeber wünschten (wozu er allerdings –obwohl heftiger Unterstützer unserer Sache – erst mühsam überredet werden mußte). Die Hauptbedeutung dieses (rechtzeitig VOR der Eskalation in der Au eingebrachten) Demokratie-Instruments lag dann nicht in der Abstimmung selbst (die nach Baustopp kaum mehr jemanden interessierte) sondern darin, uns in der Krise als Verhandler der Besetzer gegenüber Regierung und Medien zu legitimieren.

5) HUMOR mit AKTIONISMUS – erwies sich bei aller Entschlossenheit besser als „Fanatismus mit Schaum vor dem Mund“. Dies zeigte sich schon vor dem Krisenwinter, während des ganzen Jahres 1984, etwa der mittlerweile legendären „Pressekonferenz der Tiere“, in der Prominente aus Kultur und Politik, moderiert von einem Ökologen (Bernd Lötsch), in Tierkostüme schlüpften, um der stumm leidenden Au-Natur ihre Stimmen zu leihen, voll Witz und Ironie. Als Nenning von uns erfuhr, das Hirsch-Geweih sei nicht nur Turnierwaffe, vielmehr auch Hormonspeicher(!), entschied er sich für“ Rothirsch“, ein Signet, das ihm fortan blieb, zum Mißfallen ehemaliger Genossen. Zum Versöhnungsmahl zwischen Konrad Lorenz, Kanzler Sinowatz und Umwelt-Minister Steyrer am 6. Jänner 1985 im Martinschlössel in Klosterneuburg (absichtlich auf halbem Weg zwischen der Lorenz Villa in Altenberg und dem Ballhausplatz), das ich vorbereiten half, bestand der Kabinettchef auf „Rothirsch“ für das Menü – so als wollte man den Günther Nenning  „in effigie“ verspeisen. Unvergessen bleiben auch Spruchbänder auf den Au-Barrikaden, wie „Die Politiker wollen unser Bestes – aber wir geben es ihnen nicht!“ Schon die Kraftwerks Diskussion vor der Besetzung hatte heitere Höhepunkte, als Österreichs oberster geist- u. funkensprühender Verbund-General(direktor) Dr. Fremuth (der andere „Traumgegner“, dem die Umweltszene nachtrauert) provokant erklärte: „Die Schutzwürdigkeit von Kröten, Fröschen, Kriech- und Weichtieren, Wirbellosen und Restbeständen von Neanderthalern, steht in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Verzicht“ – worauf der anwesende Konrad Lorenz mich am Arm nahm u. konterte “ Herr General, vor Ihnen stehen zwei Neanderthaler – und die Kriechtiere, Weichtiere und Wirbellosen vermuten wir eher im anderen Lager.“

Und als Kanzler Sinowatz nach erfolgreichem Krisenmanagement dem Franz-Joseph-inischen Grundsatz „Ich werde nachdenken . . . lassen“ folgend, die „Ökologie-Kommission“ konstituierte und die Arbeitskreisleiter ermahnte „Aber ‚baut muß was werd’n, sonst geht ja nix mehr, sonst könnt ma die Republik ja glei zusperr’n“ entgegnete ihm Nenning: „Herr Bundeskanzler – die Republik ist keine Baufirma!“ Natürlich irrte Nenning, wie so oft wenn er recht hatte. Denn die Republik IST eine Baufirma – und so sieht sie auch aus: Der Trend zur Zweit- und Drittstraße ist in vollem Gange, menschenleere Baggerwüsten werden selbst von Baugewekschaftern ohne zu Erröten als „Beschäftigungspolitik“ verkauft – und dies angesichts dramatischer Bodenversiegelung – Genug also vom Humor . . . .

6) DER GANG ZU DEN HÖCHSTGERICHTEN  – das große Verdienst der Anwälte (WWF) und der Höchstrichter: Es war dafür allerdings notwendig, einen potentiell vom Kraftwerk betroffenen Grund-(und Brunnen)besitzer entlang der Donau dazu zu bringen, sich durch die Anwälte des WWF vertreten zu lassen – denn das Wasser-Recht ist zwar ein sehr starkes Recht, aber die Parteienstellung ist an den Grundbesitz gebunden. Tatsächlich bewiesen Analysen in der Altenwörther Au, daß Trinkwasserbrunnen – nun in dem, durch Kraftwerksstau dicht abgedämmten Auwald – ihre Trinkwasserqualität verloren – und zwar durch Sauerstoff z e h r u n g mit Faulprozessen infolge der Abdämmung d.h. Trennung vom vorher schwankenden, bewegten Fluß, den „Atemzügen“ der Au, die der Stau ja erstickt.

Es war nun die – „historisch“ zu nennende – Höchstleistung der Verwaltungsrichter, kurz vor den Feiertagen bis Neujahr die wasserrechtliche Untersagung des Großstauprojektes auszufertigen und dem gewiß schockierten Bundeskanzler zu übermitteln.

Dies erklärt den völlig überraschenden, “geheimen“ Besuch des Kanzler-Kabinettchefs Dr. Pusch bei uns zu Hause. Hier konnte ich – während meine Frau hinter uns den Baum schmückte – mit dem Kanzlersekretär das sog. Elfpunkte-Programm einer Konfliktlösung aushandeln, das zunächst allen Beteiligten den „Weihnachtsfrieden“ sicherte, und für 6. Jänner 1985 ein historisches Treffen des Kanzlers mit dem Vater und Schutzpatron der Hainburg Bewegung, Nobelpreisträger DDr Konrad Lorenz ankündigte (das dann tatsächlich vor laufenden Kameras im Blitzlichtgewitter des Medienereignisses im Klosterneuburger Martin-Schlösschen stattfand – absichtlich genau in der Mitte zwischen dem Bundeskanzleramt in Wien und der Lorenz Villa in Altenberg bei Greifenstein. . . .

Martinschlössl in Klosterneuburg_ Foto: Archiv Chorherrenstift Klosterneuburg

Mein Freund Antal Festetics kommentierte später „leben wir nicht in einem wunderbaren Land wo der Kabinettchef des Bundeskanzlers am Vor-Weihnachtstag zu einem Rädelsführer des Widerstands in die Wohnung kommt, um eine Konfliktlösung auszuhandeln . . . ?!“

Beim folgenden historischen Treffen entspannte sich der quälende Konflikt zwischen dem, von Milliardenlobbies des Großkraftwerksbaues und der Baugewerkschaft gedrängten Kanzler und dem tiefbewegten „Vater der Umweltbewegung“, der als besorgter Aggressionsforscher fast täglich Briefe an die Aubesetzer gesandt hatte (die von Lager zu Lager verlesen wurden) daß er sie bewundere und unterstütze, solange nur ja keiner den ersten Stein werfe . . .

Bei diesem Versöhnungstreffen am 6. Jänner 1985 verlangte LORENZ die Einrichtung eines Auen-Nationalparks.

Dazu solle der Kanzler dem anwesenden Bernd LÖTSCH das Studium eines vergleichbaren U.S.-Amerikanischen Feuchtgebiet-Naionalparks (Floridas Everglades nahe der Millionenstadt Miami) ermöglichen (wofür Lötsch die Begleitung durch Univ.Doz.Dr. Peter WEISH und des Biologen u. Organisators des gewaltlosen Widerstandes, Günther SCHOBESBERGER verlangte. SINOWATZ stimmte zu (bis auf die Mitnahme von Schobesberger, den wir selbst finanzierten – zugleich idealer „Reiseleiter“, da er schon in Florida gelebt hatte).

Doch warum brauchte es nach all dem noch ZWÖLF JAHRE VON DER AUBESETZUNG BIS ZUM NATIONALPARK? Welcher Schlußstein fehlte in der Stufenleiter zum Erfolg?) „BESITZEN STATT BESETZEN! KAUFEN STATT RAUFEN!“

Bis zum Nationalpark brauchte es die 12 Jahre für den Kampf gegen immer wieder neue Projekte, welche Donaukraft und Politik aus dem Hut zogen (Wildungsmauer, Wolfsthal, Engelhartstetten). Erst unser „Schutzkauf“, den ich 1989 mit Freund Friedensreich HUNDERTWASSER initiieren konnte, die Sicherung von strategischen 4,11 Quadrat-Kilometern Au bei Regelsbrunn/Haslau (mit persönlicher Besicherung  durch Dr. Gustav HARMER und Spendenkampagne für die 73 Mio. Schilling durch den WWF) vereitelte jeden weiteren Stau und zwang die Politik durch 120.000 Spender zum Nationalpark, für den ich damals im Auftrag der Minister Kreuzer und Flemming an der Start-Planung arbeitete. Das war der letzte Handstreich der Naturschützer: „Eine Nation kauft ihren Nationalpark“ (siehe dazu den Artikel von B. Lötsch in W. Gameriths Donauauen Buch im Tyrolia Verlag 1999 Kapitel „Politisch verraten und verkauft“). Univ.Prof. Dr. Bernd Lötsch co/ Abteilung Ökologie /Naturhistorisches Museum

Meine Tätigkeit war bei weitem nicht so nahe an den Entscheidungsträgern, für mich ging es weiter mit der Zusammenfassung der Geschehnisse:

Hördokument, gesprochen vom Nobelpreisträger Konrad Lorenz. © Prof. Bernd Lötsch

28.05.1986:   Pressekonferenz   im   Presseclub   Concordia   zum   offiziellen   Start   der   von Umweltminister   Franz   Kreuzer   ins   Leben   gerufenen   Nationalparkplanung   Donau-Auen (Verein zur Förderung und Planung des Nationalparks Donau-Auen) mit Bernd Lötsch als Präsident an der Spitze. Mitglieder sind u.a.: Österreichischer Alpenverein, Österreichischer Naturschutzbund, WWF, Forum Österreichischer Wissenschaftler für Umweltschutz

1.07.1986:  Der Verwaltungsgerichtshof hebt die wasserrechtliche Genehmigung für das Kraftwerksprojekt Hainburg als gesetzwidrig auf.

11.06.1987: Statt einem Kraftwerk bei Hainburg soll nun laut Bundesregierung das Zweistufenprojekt Wildungsmauer-Wolfsthal II ins Auge gefasst werden.

30.03.1989: Wirtschaftsminister Robert Graf spricht sich für ein Stauprojekt bei Engelhartstetten aus, tritt jedoch kurz darauf zurück.

18.05.1989:  Umweltministerin Marilies Flemming, Landwirtschaftsminister Franz Fischler, Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel, Vizekanzler Josef Riegler und der NÖ Landeshauptmann-Stellvertreter  Erwin  Pröll  sprechen  sich  in  einer  Zille  bei  Haslau  an  der Donau für die Priorität des Nationalparks vor weiteren Kraftwerken aus.

1989 – 1990:  Bernd Lötsch und der Verein Nationalparkplanung Donau-Auen initiieren mit dem WWF unter Präsident Gustav Harmer die Aktion „Natur freikaufen“, um Au-Käufen der Donaukraftwerke AG zuvorzukommen.

Mit Hilfe einer mehrstündigen Live-Sendung des ORF am 26.10.1990 mit Prominenten wie Barbara Stöckl, Arnold Schwarzenegger und Reinhard Fendrich gelingt es, den fehlenden Betrag zum Schutzkauf der Regelsbrunner Au (411 ha) in einer einzigen Nacht aufzubringen.  Die Kampagne wird von über 150.000 Menschen mit Spendengeldern auch aus der Schweiz, aus Deutschland und aus den Niederlanden unterstützt.

20.07.1990: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich und Wien zur Vorbereitung der Schaffung eines Auen-Nationalparks, BGBl. Nr. 441/1990:  Der Bund und die Länder Niederösterreich und Wien kommen im Rahmen eines 15a-„Staatsvertrages“ überein, die Möglichkeit der Errichtung eines Nationalpark Donau-Auen prüfen und geeignete Maßnahmen  abklären  zu  lassen.  Verlangt werden die Prüfung der Kompatibilität mit zahlreichen Nutzungen (Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei, Schifffahrt, Energie etc.), die Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung und die Berücksichtigung früherer Studien. Beauftragt wird die Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal, die die Direktoren Reinhold Christian und Heinz Kaupa (später Donaukraft AG) mit der Leitung des Projektes betraut.

14.-16.05.1991:  Bei einer Volksbefragung spricht sich die Wiener Bevölkerung mit großer Mehrheit für das Kraftwerk Freudenau aus.

1991 – 1993: In umfassenden konzeptiven Arbeiten werden mehrere Varianten für einen Nationalpark Donau-Auen entwickelt. Hunderte Informations- und Diskussionsveranstaltungen für die interessierten und teilweise sehr nationalparkkritischen Bürger und Gemeinden bieten Gelegenheit zur Mitwirkung. Eine volkswirtschaftliche Analyse, die dem Nationalpark die Kraftwerksnutzung gegenüberstellt, ergibt ein für den Naturschutz überaus günstiges Bild.

5.12.1994: Verwaltungsübereinkommen zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich und Wien zur Weiterführung der Planungen.  Gefordert wird ergänzend zu den bereits erfolgten umfassenden Planungsarbeiten die Klärung weiterer Fragen (z.B.  zu 3 Trinkwasser und Schifffahrt) sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Akzeptanz in der Region.

1994 – 1995:   Bürgerbüros   und   Informationszentren   werden   geschaffen, zahlreiche Exkursionen und Führungen durchgeführt; Interessengruppen und die lokale Öffentlichkeit werden laufend informiert.  Überdies werden erste Maßnahmen gesetzt, die konkret in Richtung eines künftigen Nationalpark Naturraummanagements weisen, von Vorarbeiten für Gewässervernetzungen über Vereinbarungen hinsichtlich der Waldnutzung mit der Stadt Wien und den österreichischen   Bundesforsten bis hin zu nationalparkkonformer Wiesenbewirtschaftung gegen Entschädigung. Dies   trägt zu einer Entkrampfung der Diskussion bei.

Ende 1995: Am 12.12.1995 beschließt der Ministerrat ein prinzipielles Ja zum Projekt Nationalpark und empfiehlt die Schaffung einer „vorläufigen Geschäftsstelle“. Das Team der Nationalparkplanung der Marchfeldkanal Betriebsgesellschaft wird aufgelöst.  Einige seiner Mitarbeiter   betreuen   das   Projekt 1996 im Auftrag des Bundes und der Länder Niederösterreich und Wien im Rahmen der  „Provisorische Geschäftsstelle Nationalpark Donau-Auen“ als Werkvertragsnehmer unter Leitung von Robert Brunner bis zur politischen Beschlussfassung zur Errichtung des Nationalparks weiter.

28.03.1996: Das Land Niederösterreich schafft mit dem NÖ Nationalparkgesetz, LGBl. 5505-0 den rechtlichen Rahmen für einen Nationalpark Donau-Auen.

Mai 1996:  Im  Rahmen  eines  Gemeinschaftsprojektes  von  Wasserstraßendirektion,  WWF und  Nationalparkplanung  Donau-Auen  erfolgt  der  Spatenstich  für  die  Altarmöffnung  in  der Regelsbrunner  Au,  bei  der  etwa  20  km  Altarme  wieder  stärker  an  die  Donau  angebunden werden sollen.

14.08.1996: Das Land Wien schafft das Gesetz über den Nationalpark Donau-Auen (Wiener Nationalparkgesetz), LGBl. für Wien Nr. 37/1996.

30.09.1996:   Verordnung   der   Wiener   Landesregierung   betreffend   die   Festlegung   und Einteilung des Nationalparkgebietes (Wiener Nationalparkverordnung), LGBl.  für Wien Nr. 50/1996.

22.10.1996:  Beim noch in Bau befindlichen Kraftwerk Freudenau kommt es zu einem schweren Schiffsunglück.  Bei Hochwasser erreicht das slowakische Schubschiff „Ďumbier“ wegen der starken Strömung die Schleusenöffnung nicht und wird durch eines der Wehrfelder gedrückt.  Acht Matrosen kommen dabei ums Leben, nur einer kann gerettet werden.  Da der Schiffsverkehr auf der Donau aufgrund dieses tragischen Ereignisses für einige Zeit eingestellt werden muss, kann die geplante Unterzeichnung des Staatsvertrages zur Errichtung des Nationalpark Donau-Auen nicht an Bord der  MS Prinz Eugen auf der Fahrt von Wien nach Hainburg an der Donau stattfinden.

Das slowakische Schubschiff „Ďumbier“ bei der Bergung._ Foto: Bearbeitung von Klaus Pahlich

27.10.1996: Nach jahrzehntelangen Planungsarbeiten, heftigen öffentlichen Diskussionen und langwierigen politischen Verhandlungen erfolgt die feierliche Unterzeichnung der Vereinbarung   gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich und Wien zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Donau-Auen durch die Landeshauptmänner Erwin Pröll und Michael Häupl sowie Umweltminister Martin Bartenstein im Burghof auf dem Hainburger Schlossberg.

29.11.1996: Das Bundesgesetz über die Gründung und Beteiligung an der Nationalparkgesellschaft Donau-Auen GmbH, BGBl. Nr. 653/1996, erlangt Rechtskraft.

13.12.1996:  Konstituierende Generalversammlung der Nationalpark Donau-Auen GmbH in den Räumlichkeiten des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie (Gründung der Nationalpark-Gesellschaft).

19.12.1996: Die Niederösterreichische Landesregierung schafft mit der NÖ Verordnung über den    Nationalpark Donau-Auen, LGBl. 5505/1-0 die Rechtsgrundlage für den niederösterreichischen Anteil des Nationalpark Donau-Auen und konkretisiert u.a. dessen Fläche, seine Grenzen und seine Zonierung.

20.12.1996:  Carl Manzano wird zum Geschäftsführer der Nationalpark Donau-Auen GmbH bestellt.

Karl Manzano, Geschäftsführer der Nationalpark Donau-Auen GmbH

02.01.1997:  Die Nationalpark Donau-Auen GmbH nimmt ihre Tätigkeit in Büroräumen der Stadt Wien am Friedrich-Schmidt-Platz in Wien auf.

28.01.1997:  Die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich und Wien zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Donau-Auen wird im Bundesgesetzblatt kund gemacht (BGBl. I Nr. 17/1997) und somit rechtskräftig.

27.02.1997:  Die Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern Niederösterreich und Wien zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Donau-Auen wird in  den Landesgesetzblättern für Niederösterreich (NÖ  LGBl.  5506-0) und Wien (LGBl. für Wien Nr. 7/1997) kund gemacht. 

8.04.1998:  Mit der NÖ Verordnung über die Kennzeichnung des Nationalparks Donau-Auen, NÖ LGBl. 5505/2-0, sind die rechtlichen Grundlagen für den Nationalpark Donau-Auen perfekt.

Quellen und Literatur: Hofer, E.  & C.  Manzano (Red.):  Leistungsbericht der Nationalpark Donau-Auen GmbH 1997 – 2006. Nationalpark Donau-Auen GmbH. Orth/Donau, Jänner 2007.

Kriechbaumer,  R.:  Zeitenwende.  Die SPÖ-FPÖ-Koalition 1983-1987 in der historischen Analyse, aus der Sicht der politischen Akteure und in den Karikaturen von Ironimus. Böhlau Verlag GesmbH. und Co.KG, Wien – Köln – Weimar 2008.

Nationalpark Donau-Auen GmbH (Hrsg.):  Nationalpark Donau-Auen.  Leistungsbericht 2007 – 2011. Orth/Donau, Sommer 2012.

Nationalpark Donau-Auen GmbH: Von der Hainburger Au-Besetzung zum Nationalpark Donau-Auen. Plakat. Orth/Donau 2004.

Mit einer Plakataktion bedankte sich der World Wide Fund for Nature
für die Spenden und Sponsoren der Donau-Auen.

Nationalparkplanung Donau-Auen (Hrsg.): Nationalpark Donau-March-Thaya-Auen.

Die Empfehlungen der Ökologiekommission. Im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Gesundheit und Familie. Wien 1987.

Nationalparkplanung Donau-Auen: Unterlagen zu Pressekonferenz und Präsentation der Nationalparkplanung Donauauen und des Ministeriums für Umwelt, Jugend und Familie.  Wien, 27.05.1987.

Nationalparkplanung Donau-Auen: Damit er endlich wahr wird … Folder. Wien o.J. Rosenberger, M.: Hainburg – Geschichte, Hintergründe und Chronologie eines gesellschaftspolitischen Schlüsselkonfliktes der Zweiten Republik. Manuskript. 2004.

Umweltdachverband (Hrsg.):  Dossier 10 Jahre Nationalpark Donau-Auen – Zwischenbilanz und Perspektiven.

Schutzgebiets-Report 1. Wien, Oktober 2006. Welan, M. & K. Wedl (Hrsg.): Der Streit um Hainburg in Verwaltungs- und Gerichtsakten. Gutachten – Bescheide – Erkenntnisse.  Niederösterreich-Reihe, Band 5.  Edition Umwelt – Montan-Verlag, Wien 1988.

WWF Österreich: AU JA. Es wird Zeit für den Nationalpark. Broschüre. Wien o.J. WWF Österreich:  Chronik:  die Donau-Auen seit 1984, bedroht – besetzt – gerettet – bedroht. Presseunterlage. Wien 2004.

Aus dem Internet: http://books.google.at/books?id=8NIHyhcFlv0C&pg=PA180&lpg=PA180&dq=zeitenwende+sp%C3%B6-fp%C3%B6&source=bl&ots=dvuRNIfRh&sig=1BZDLeJnLAqXINEiGFvLPA90Dq8&hl=de&sa=X&ei=ZW4RVL_SA8PpaJHeguAO&ved=0CDEQ6AEwAw#v=onepage&q=zeitenwende%20sp%C3%B6-fp%C3%B6&f=false

http://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerk_Freudenau http://www.hainburg-donau.gv.at/system/web/zusatzseite.aspx?detailonr=221049152

http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_19971107_OTS0224/internationale-anerkennung-fuer-den-nationalpark-donau-auen

http://www.ris.bka.gv.at/

http://www.umweltdachverband.at/schwerpunkte/hainburg/donauauen.htm

http://www.wien.gv.at/recht/landesrecht-wien/

http://hainburger-au.at/default.php?page=zeittafel&id=unter

Natürlich war meine Tätigkeit als Umweltsprecher der Jungen Volkspartei mit meinem Engagement für den Nationalpark DMT-Auen nicht abgeschlossen, ich begleitete sämtliche vorher aufgezählten Maßnahmen zur Errichtung eines Nationalparks in diesem Bereich bis zur Eröffnung des Nationalparks.

Othmar Karas brachte mich in das Plenum des Bundesjugendrings, da er dort jemanden benötigte, der ihn im Vorstand vertreten konnte. Der Vorstand des Bundesjugendrings bestand aus einem Vertreter der Jungen Volkspartei (Othmar Karas), der sozialistischen Jugend (Alfred Gusenbauer), der Gewerkschaftsjugend und der Katholischen Jungschar (Irene Heinisch). Im Plenum waren insgesamt 22 Jugendorganisationen vertreten, wie z.B. Evangelischen Jugend, Naturfreundejugend, Jungsozialisten, Hochschülerschaft, Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs, Österreichischer Pfadfinderbund, Alpenvereinsjugend, BundesschülerInnenvertretung. Diese Organisation sah sich als eine Art Jugendparlament, in dem regelmäßige Sitzungen abgehalten wurden. Es gab natürlich auch so etwas wie eine Schattenregierung, die in Form von Komitees, entsprechend den Ministerien im wirklichen Leben, zu allen Fragen der Politik die Meinung des Bundesjugendrings erarbeiteten. Noch 1985 wurde ich, nominiert von der Naturfreundejugend, der Jungen Volkspartei und der Katholischen Jugend, zum Leiter des neu gegründeten Umweltkomitees gewählt, war also so etwas wie ein „Jugendumweltminister“.  Einer der Hauptgründe, ein Umweltkomitee beim Bundesring einzusetzen, war die Nationalparkidee in Österreich zu fördern. Es entstand aus einem Arbeitskreis „Nationalpark Neusiedlersee“.

Meine erste Tätigkeit war die Erstellung eines Arbeitsprogramms für die nächsten Jahre: Zum ersten Thema wählte ich „Schutzgebiete in Österreich“. Alle Komiteemitglieder einigten sich darauf, dass es zu möglichst allen typischen Landschaften in Österreich einen Nationalpark geben sollte. Als erstes wurde die Arbeitsgruppe Neusiedler See weitergeführt.

Ein wichtiges Thema Ende 1985 und im Frühjahr 1986 war das tschechoslovakisch-ungarische Gemeinschaftskraftwerk „Gabcicovo-Nagymaros“. Schon vor der Gründung des Umweltkomitees hatte sich der österreichische Bundesjugendring gegen die Errichtung dieses Kraftwerk ausgesprochen. Ich versuchte jetzt mit Hilfe des Komitees herauszubekommen, in welcher Weise die österreichische Bundesregierung an diesem Projekt beteiligt ist und wie die Finanzierung dieses Milliardenprojekt vor sich gehen sollte. Durch meine Besuche von Pressekonferenzen ungarischer Donaukreismitarbeiter (Duna kör), Meldungen aus dem Bereich der Ökologiekommission und einem Besuch beim damaligen Finanzminister Franz Vranitzky, entstand für das Komitee ein recht klares Bild über die Unsinnigkeit dieses Projekts. Hier soll der ungarischen Bevölkerung, der damals keine freie Meinungsäußerung möglich war, ein Kraftwerk von riesigen Ausmaßen aufgezwungen werden, wie es in Österreich niemals durchzusetzen gewesen wäre. Das Geld dafür (vorläufig 1,5 Milliarden ÖS) wird von Österreich in der Schweiz aufgenommen, die Ausfallshaftung bei eventuellen Bauproblemen, übernehmen die österreichische Steuerzahler. Bauherr ist die DOKW, die damit das Problem Hainburg ins Ausland transferiert. Ein Gedächtnisprotokoll über meinen sehr aufschlussreichen Besuch beim Finanzminister, der mit einem Hinauswurf meiner Person, wegen meiner „zu detaillierten Fragen“ endete, war die Grundlage dieses Berichts. Später kam heraus, dass von Österreich eine Beteiligung an diesem Projekt von 8 Milliarden öS verlangt wurde. Da jedoch seit 1977 (dem offiziellen Baubeginn) aus Geldmangel praktisch keine Bautätigkeit von Seiten Ungarns zu erkennen war, war anzunehmen, dass Österreich auch die Restkosten von weiteren 16 Milliarden vorfinanzieren werde müssen. Österreich bekäme als Gegenleistung erst nach dem Jahr 2000 für einen Zeitraum von 24 Jahren eine noch unbestimmte Menge Strom geliefert. Es entstand damals der Eindruck, dass die österreichische E-Wirtschaft den Widerständen im eigenen Land auf fremdes Staatsgebiet ausweichen wollte. Doch auch in Ungarn gab es starke Widerstände von Seiten der Bevölkerung (über 10.000 Unterschriften aus der Gegend), die sich berechtigterweise vor einer Grundwassergefährdung entlang des 150 Km langen, mindestens 4,5 Meter hohen Staudamms fürchtete. Der Streit über dieses Kraftwerkprojekt dauert im Übrigen bis heute an und es ist noch immer nicht (2022) und wird auch nie in der 1977 geplanten Form verwirklicht werden. Im Juni 2017 schickte ein Vertreter der slowakischen Regierung einen Antrag an den IGH zum Abbruch des seit 1998 laufenden Verfahrens für eine zusätzliche Entscheidung. Die ungarische Seite erklärte im Juli 2017, dass sie dem slowakischen Antrag nicht widerspreche.

Das Kraftwerksprojekt Gabčikovo_ Foto: Danube Watch_UNDEP

Ein weiteres Thema, zu dem ich beauftragt wurde Recherchen durchzuführen, waren die unzähligen Kleinkraftwerke, die zum Teil alte Wasserrechte nutzten, oder völlig rechtlos einfach betrieben. Wenige dieselbetriebene Kleinkraftwerke und auch einige Windkraftwerke zählten dazu. Da es in Österreich eine unglaubliche Menge solcher Kleinkraftwerke gab, versprach das eine Monsteraufgabe zu werden. Ich traf mich mit einem der Wasserrebellen, der eigentlich mit den Behörden im Streit war und kam zu dem Schluss, dass auch diesen „Freibeutern“ geholfen werden muss. Bei diesem und anderen Gesprächen kam heraus, dass etwa die Hälfte aller Haushalte in Österreich von diesen Kleinkraftwerken ihren Strom beziehen und, wollte man sie ersetzen, mindestens 6 große Wasserkraftwerke gebaut werden müssten. Es war also ein hervorragendes Argument gegen den Bau des Kraftwerks bei Hainburg, wenn man die Kleinkraftwerke in Österreich, gegen den Widerstand der E-Wirtschaft, steuerlich begünstigte und auch sonst nach Kräften unterstützte. Entsprechende Argumente lieferte ich an die damalige Umweltministerin Fleming, mit der ich eine gute Gesprächsebene aufgebaut hatte.

Der nächste Bereich, meiner politischen Tätigkeit war der Protest gegen den geplanten Bau eines Kraftwerks im Thayatal beim Stierfelsen, oberhalb von Znojmo nad Dyji. Da hier auch österreichisches Staatsgebiet betroffen war, fürchtete ich, dass dieses Kraftwerk eine negative Beeinflussung der Verhandlungen über den Nationalpark Donau-March-Thayatal darstellen könnte. Während sich die Verhandlungen darüber in die Länge zogen, begann sich der Naturschutz in beiden Ländern durchzusetzen und anstelle des Kraftwerks entstanden zwei Nationalparks: Der Nationalpark Thayatal in Niederösterreich und der Narodní Park Podyjí in Südmähren.

Um das Nationalparkprojekt Donauauen voran zu treiben organisierte ich mit dem Umweltkomitee des Bundesjugendrings 1989 eine Donauauenbegehung mit Wissenschaftlern, dem WWF, Parlamentariern, Beamten der Bundesforste, der Umweltministerin Flemming, einigen Journalist:Innen von der Presse, der Krone, dem Kurier und dem ORF.

Die Umweltministerin Marlies Flemming, Prof. Bernd Lötsch und ein großer Teil des ÖBJR treffen einander im Nationalparkhaus. Foto: © Klaus Pahlich

In weiterer Folge am 18.05.1989 konnte ich die Umweltministerin Marilies Flemming, Landwirtschaftsminister Franz Fischler, Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel, Vizekanzler Josef Riegler und den NÖ Landeshauptmann-Stellvertreter  Erwin Pröll  dafür gewinnen, sich  in  einer  Zille  bei  Haslau  an  der Donau für die Priorität des Nationalparks vor weiteren Kraftwerken auszusprechen.

1989 – 1990:  Bernd Lötsch und der Verein Nationalparkplanung Donau-Auen initiieren mit dem WWF unter Präsident Gustav Harmer die Aktion „Natur freikaufen“, um Au-Käufen der Donaukraftwerke AG zuvorzukommen.

Mit Hilfe einer mehrstündigen Live-Sendung des ORF am 26.10.1990 mit Prominenten wie Barbara Stöckl, Arnold Schwarzenegger und Reinhard Fendrich gelingt es, den fehlenden Betrag zum Schutzkauf der Regelsbrunner Au (411 ha) in einer einzigen Nacht aufzubringen.  Ich hatte die Ehre an einem der Spendentelefone zusammen mit Eva Lind, einer damals 24jährigen Opernsängerin, zu sitzen und Spenden entgegenzunehmen. Die Kampagne wurde von über 150.000 Menschen mit Spendengeldern auch aus der Schweiz, aus Deutschland und aus den Niederlanden unterstützt.

Eva Lind

Es dauerte dann zwar noch bis 8.04.1998, wo mit der NÖ Verordnung über die Kennzeichnung des Nationalparks Donau-Auen, NÖ LGBl. 5505/2-0, die rechtlichen Grundlagen für den Nationalpark Donau-Auen perfekt waren.

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